Wiesenweisheit
Finde Deinen Weg nach draußen

Heilende Harze – aus Pech wird Gold

(erschienen in Holunderelfe Herbst 2025)


Nadeln und Wald sind bei mir untrennbar mit ihrem Geruch verbunden. Der Duft von Harz hat mich schon als Kind fasziniert, auch wenn die Erwachsenen über die Flecken schimpften. Deshalb gefällt mir die Bezeichnung „Gold des Waldes“ besonders gut. Wenn ich es heute an den Nadelbäumen entdecke, stimmt es mich immer auch ein wenig traurig, denn es wird für uns nur sichtbar, wenn der Baum verletzt ist oder wurde.
Manche Harztropfen an Baumstämmen sind schon wie versteinert, manchmal ist das Harz noch flüssig und klebt sofort an den Fingern.
In unserer Region produzieren vor allem Nadelbäume Harz, das aus verschiedenen Terpenoiden, das sind organische Verbindungen, und ätherischen Ölen besteht. In Bäumen wie Kiefer, Fichte, Lärche und Douglasie gibt es Harzkanäle, die im Stamm von oben nach unten und quer zum Holz verlaufen. Die Tanne besitzt keine Kanäle, sondern Harzblasen.
In den Nadeln dient das Harz dazu, möglichen Fressfeinden ihren Appetit zu verderben oder, wenn sie doch zugebissen haben, die Öffnung zu verschließen. Manchmal bleibt das Insekt beim Rückzug daran kleben. Auch Borkenkäferbefall verhindert ein gesunder Baum mit Hilfe seines Harzes.
Es spielt also eine große Rolle in der Immunabwehr des Baumes. Um Harz zu produzieren, benötigt der Baum Energie. Wenn er geschwächt ist, reduziert er die Produktion und ist damit angreifbarer. Der einzige Laubbaum mit Harz, der bei uns wächst, ist der Amberbaum. sein Harz ist das begehrte „Styrax“. Vielleicht kennst Du Weihrauch und Myrrhe? Diese Harze stammen nicht aus hiesigen Bäumen, sondern kommen in Afrika und dem arabischen Raum vor. Übrigens handelt es sich auch bei Bernstein um Harz, das über viele Millionen Jahre fossilisiert ist.

Wundheilung und mehr
So, wie Nadelbaumharz mit vielseitigen Inhaltsstoffen wie zum Beispiel Terpenen, Aromaten, Harzsäuren, Harzalkoholen die Baumwunde heilt, kann es auch kleinere Verletzungen unserer Haut heilen. Daher wird es traditionell in der Volksmedizin als Wundversorgungsmittel verwendet.  Zu Salbe verarbeitet hilft es dem Körper, Splitter oder Stacheln aus der Haut an die Oberfläche zu transportieren. Es verringert die Narbenbildung und schützt vor Keimen und Bakterien. Harz wirkt auch entzündungshemmend, schmerzlindernd und durchblutungsfördernd. In einer Studie zu Fichtenharz wird bestätigt, dass das Harz die Zellwände stärkt und die Bakterienzahl verringert. Auch die pilzhemmende Wirkung ist wissenschaftlich bestätigt.
Die enthaltenen ätherischen Öle, die charakteristisch für den Wald- und Nadelbaumduft sind, können uns bei Erkältungen und Husten helfen. Die Aromatherapie setzt Baumharz zur Reinigung der Raumluft und zur Immunstärkung ein.
Harze kannst Du am besten von November bis Februar sammeln, weil es dann durch die Kälte fest wird und weniger klebt. Doch sei dabei sehr vorsichtig und achte darauf, dass Du den „Wundverschluss“ des Baumes nicht öffnest, denn dann könnten Erreger eindringen und Krankheiten verursachen. Nimm am besten nur Harzstücke, die außen an der Rinde haften.

Altes Handwerk
Das Baumharz wird auch Pech genannt. Im Alpenraum, vor allem in Niederösterreich, gibt es das traditionelle Pecher-Handwerk, vom dem zu Hochzeiten bis zu 7000 Familien lebten.  Harze wurden für die Herstellung von Lacken, Firnissen, Seifen, Abdichtungsmitteln, Kosmetika, Salben und Pflaster verwendet und inzwischen durch Kunstharz ersetzt. Dadurch ist das Pecherhandwerk heute fast ausgestorben. 2011 wurde es in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen
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Harzflecken – eine zähe Angelegenheit
Harzflecken in Kleidungsstücken solltest Du entfernen, bevor Du diese in die Waschmaschine wäschst, da sich das Harz im heißen Wasser mit den Fasern verbindet. Mit Butter oder Speiseöl kannst Du das klebrige Harz gut lösen, doch das Fett lässt sich dann wiederum nur mit entsprechend heißem Wasser auswaschen. Eine andere Alternative ist, das Kleidungsstück über Nacht ins Tiefkühlfach zu legen. Das gefrorene Harz kannst Du knicken und brechen, bis es bröselig wird und dann abbürsten. Die Option, es mit dem Bügeleisen heraus zu bügeln, funktioniert nur bei Stoffen, die die hohe Bügeltemperatur verkraften. Lege dafür zwei Blätter Löschpapier oder saugfähiger Küchenrolle unter und über den Fleck und bügele mit möglichst hoher Temperatur darüber. Wenn das Harz schmilzt, wird es vom Papier aufgesaugt.